Von der Werkstatt auf den ersten Arbeitsmarkt: Integration auf dem Erlenhof

(2.11.2021) Kevin Fatthauer ist als Beschäftigter aus der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen im Erlenhof ausgeschieden, weil er seine Lehre zum Beikoch begonnen hat. Er arbeitet jetzt ganz regulär auf dem ersten Arbeitsmarkt. Möglich wurde das durch die Unterstützung der Abteilung für Integration des Erlenhofs.

Geschirr klappert, eine kurze Ansage ertönt, aus der offenen Küche strömt der Duft von Rinderbraten und Kroketten in den Speisesaal des Bildungs- und Tagungszentrums Tannenfelde: Die Vorbereitungen für das Mittagessen laufen auf Hochtouren. Die Küche der Tagungseinrichtung in Aukrug ist seit nunmehr fünf Jahren Arbeitsplatz von Kevin Fatthauer: Hier hat Kevin, bis Oktober dieses Jahres Beschäftigter im Erlenhof, ein Langzeitpraktikum absolviert, hier hat er seit 2017 auf einem ausgelagerten Arbeitsplatz gearbeitet. Seit dem 1. Oktober ist der 26-Jährige nun Auszubildender – und darauf ist er richtig stolz.

Kevin trägt Kaffee und Tee an einen der Tische, an dem sonst die Gäste der Tagungsstätte speisen. Heute nimmt er selbst hier Platz und berichtet im Beisein der Geschäftsführerin der Einrichtung Heike Claßen, seines Ausbilders Christoph Hansen und seines ehemaligen Bildungsbegleiters Vasco Rudolf vom Erlenhof von der neuesten Entwicklung seines Werdegangs. „Seit dem 1. Oktober 2021 bin ich jetzt in der Ausbildung zum Beikoch“, sagt er stolz. „Ich bin durch den Beginn der Lehre noch motivierter geworden, gute Arbeit zu leisten.“ Ausbilder und Geschäftsführerin lächeln. Beide kennen Kevin seit vielen Jahren und können seine Stärken und Schwächen gut einschätzen. „Ich weiß, dass Kevin das Ausbildungsziel der dreijährigen Ausbildung erreichen wird“, bekräftigt Christoph Hansen Kevins Selbsteinschätzung, „Kevin arbeitet bei uns in Küche und Hauswirtschaft sehr eigenständig und hat sich im Laufe der Zeit zu einer zuverlässigen Kraft entwickelt.“ Alle anfallenden Arbeiten wie etwa das Bestücken der Seminarräume mit Getränken und Geschirr, das Reinigen der Tische im Speisesaal oder das Anrichten des Salatbüffets erledige er selbstständig und auch das Handwerkliche in der Küche habe Kevin jetzt schon „voll drauf“, wie der Küchenmeister Hansen ergänzt. Heike Claßen schätzt an Kevin seinen überaus freundlichen und serviceorientierten Umgang mit den Gästen. „Wir sind ein Institut der Weiterbildung“, fügt sie hinzu, „da geben wir gern jungen Menschen mit einer Ausbildung die Möglichkeit, sich beruflich und persönlich weiterzuentwickeln.“

Einer von vieren

Kevin Fatthauer ist einer von vier Beschäftigten des Erlenhofs, die in diesem Jahr den Übergang auf den ersten Arbeitsmarkt geschafft haben. Eine ungewöhnlich hohe Zahl, wie Vasco Rudolf erklärt. Er ist Abteilungsleiter der Integration im Erlenhof und verantwortlich dafür, Kontakt zu Betrieben der näheren Umgebung aufzunehmen, die Praktikums- und ausgelagerte Arbeitsplätze für Beschäftigte der Werkstatt zur Verfügung stellen. „Wir arbeiten nach den Maßgaben der Inklusion. Ziel unserer Bemühungen ist es, die Beschäftigten beim Übergang in Betriebe des ersten Arbeitsmarkts zu unterstützen, um ihnen größtmögliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen“, sagt Rudolf. „Im günstigsten Fall, wie etwa hier bei Kevin, mündet das in ein Arbeitsverhältnis auf dem ersten Arbeitsmarkt.“ Die Beschäftigten scheiden dann aus der Werkstatt aus und arbeiten sozialversichert im Betrieb. Kevin wird jetzt von der Isfa betreut, einem freien Bildungsträger für Bildung und Integration.

Bis es so weit ist, prüfen Beschäftigte*r und Arbeitgeber*in gründlich, ob man zueinander passt. Zur Seite stehen ihnen in dieser Zeit der Reifung, die auch bei Kevin mehrere Jahre gedauert hat, die Bildungsbegleiter*innen der Werkstatt. Sie regeln Verwaltungsangelegenheiten und sind Ansprechpartner für alle Fragen wie auch bei Problemen. „Für die Beschäftigten auf Außenarbeitsplätzen gibt es dabei zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit, in die Werkstatt zurückzukehren, denn sie bleiben Beschäftigte der Werkstatt“, ergänzt Vasco Rudolf.

Hartnäckigkeit und Lernwille zahlen sich aus

Kevin verdankt den Übergang auf den ersten Arbeitsmarkt seiner eigenen Hartnäckigkeit und seinem steten Willen, dazuzulernen und seine Persönlichkeit zu entwickeln. Für Küche und Hauswirtschaft habe er sich schon immer interessiert, sagt er, als Kind gekocht oder Kochen gespielt, als Jugendlicher am liebsten Kochshows geguckt. „Kevin hat richtig gedrängelt, in die Ausbildung zu gehen, er brennt für Kochen“, bestätigen Vasco Rudolf und Heike Claßen. Damit nun auch die Berufsschule gut klappt, gibt es für Auszubildende mit Unterstützungsbedarf die Möglichkeit, weitere Hilfe bei der Isfa zu bekommen. Kevin hat also einen Tag in der Woche Berufsschule, dafür fährt er nach Neumünster in die Elly-Heuss-Knapp-Schule; einen weiteren Vormittag arbeitet er mit Dozenten in der Isfa auf, was in der Berufsschule offengeblieben ist. An den praktischen Ausbildungstagen steht ihm im Bildungs- und Tagungszentrum Tannenfelde sein engagierter Ausbilder Christoph Hansen und ein stabiles und wertschätzendes Team zur Seite, in dem auf Augenhöhe gearbeitet wird. Vasco Rudolf wird, auch wenn die Werkstatt des Erlenhofs nicht mehr für den jungen Mann zuständig ist, weiterhin mitverfolgen können, wie es Kevin ergeht, denn er hat bereits eine neue Beschäftigte des Erlenhofs hierher ins Praktikum vermitteln können, die er regelmäßig besucht.

„Der Schlüssel zum Erfolg liegt jetzt bei Kevin“, sagt Christoph Hansen zum Ende des Besuchs und Heike Claßen ergänzt: „Wir sind die Leitplanke – fahren muss Kevin selbst.“ Kevin Fatthauer verabschiedet sich von der Runde, denn die Küche ruft. Er rührt die Soße zum Rinderbraten glatt und wird gleich die Schüsseln mit Paprika, Möhren und Salat an die Salatbar bringen. Die Gäste der Tagungsstätte werden den Speisesaal betreten und bringen sicherlich Appetit mit.

epp