Freizeitangebote im Altenpflegeheim: Ohne Ehrenamtliche geht es nicht !
(07.07.2021) Die Beschränkungen durch die Corona-Pandemie haben einen wichtigen Bestandteil des Alltags in der Altenpflege stark beeinträchtigt: Nach dem Ausbruch der Pandemie wurden alle Angebote, die von ehrenamtlichen Helfern gestaltet wurden, eingestellt. Nun kommen die Ehrenamtler*innen zurück - und es werden weitere helfende Hände gesucht.
Barbara Gröger sortiert Stifte und Blätter, blickt über ihre Brille und lächelt. Warum sie sich ehrenamtlich im Paul-Gerhardt-Haus engagiert? „Weil es einfach unheimlich viel zurückgibt. Man gibt viel, aber man bekommt viel zurück“, sagt sie. Im Hobbyraum des Paul-Gerhardt-Hauses sitzen an diesem Freitagvormittag sechs Senior*innen und malen. Manche von ihnen hatten sich anfänglich gar nicht zugetraut, künstlerisch tätig zu werden. Sätze wie „Ich kann doch gar nicht malen“ oder „Sowas hab ich noch nie gemacht“ waren gelegentlich zu hören. Doch mit einer beruhigenden und herzlichen Stimme lobt Barbara Gröger die Kunstwerke, die mit Filzstiften und Wachsmalfarbe entstehen. Eigentlich dauert die Malstunde von 10 bis 11 Uhr, doch die ersten Besucher sind meist schon vorher da und greifen zu Farbe und Papier - und einzelne nehmen die Malutensilien danach mit aufs Zimmer oder präsentieren ihre Werke auf der Galerie, an den Fenstern oder auf den Fluren des Paul-Gerhardt-Hauses.
Ehrenamtliche sind wie Familienmitglieder
Barbara Gröger ist eine von rund 25 ehrenamtlichen Helfer*innen, die Freizeitaktivitäten für die Bewohner*innen im Paul-Gerhardt-Haus in Wahlstedt gestalten: „Für die Bewohnerinnen sind die Ehrenamtlichen wie Familienmitglieder, sie machen keine Unterschiede zwischen den Ehrenamtlichen und den festen Mitarbeitern. Das Verhältnis ist geprägt von tiefer Verbundenheit und Vertrautheit“, berichtet Regina Weiß, Mitarbeiterin der Sozialen Betreuung im Paul-Gerhardt-Haus. Viele Ehrenamtliche sind dem Altenpflegeheim des Landesvereins langjährig verbunden, einzelne Freiwillige sind seit der Gründung des Hauses vor 25 Jahren dabei. Die meisten Helfer wohnen in Wahlstedt oder der näheren Umgebung und sind durch Freunde und Bekannte, die selbst im Paul-Gerhardt-Haus leben, auf das Ehrenamt aufmerksam geworden.
Viele Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements
Die Liste der möglichen Einsatzgebiete für ehrenamtliche Helfer*innen in den Altenpflegeheimen des Landesvereins ist lang: Von Chorbesuchen über Gottesdienste bis zu Theatervorstellungen genossen die Menschen im Paul-Gerhardt-Haus bis vor der Corona-Pandemie eine breite Palette an Freizeitaktivitäten, die in dieser Vielfalt nicht selbstverständlich für die Altenpflege sind - und ohne helfende Hände schlicht unmöglich wären. Die Ehrenamtler*innen unterstützen bei den beliebten Bingo-Nachmittagen, begleiten die Bewohner*innen bei Sonderveranstaltungen wie Konzerte. Besonders bei Ausflügen ist die Unterstützung der Ehrenamtlichen unverzichtbar. Viele Bewohner*innen sitzen im Rollstuhl und benötigen eine Eins-zu-Eins-Betreuung auf den Exkursionen, wenn beispielsweise ein Café angesteuert wird oder Touren an die Ostsee gemacht werden. Kein Altenpflegeheim kann diese enge Betreuung mit planmäßigem Personal leisten. Damit die Tagesausflüge zum Tierpark oder ins Rosarium, Tanzen oder Gymnastik, Kreativität oder Musik dennoch möglich sind, braucht es ehrenamtliche Begleitung.
Ehrenamtliche und Mitarbeitende blieben in Kontakt
Die Beschränkungen durch die Corona-Pandemie auf die Altenpflege haben diesen wichtigen Bestandteil des Alltags der Bewohner*innen stark beeinträchtigt: Nach dem Ausbruch der Pandemie wurden alle Angebote, die von ehrenamtlichen Helfern gestaltet wurden, eingestellt. Die Mitarbeiter*innen des Paul-Gerhardt-Hauses hielten dennoch den Kontakt aufrecht, brachten Blümchen, Karte oder kleine Briefe vorbei und hielten einen Klönschnack. Auch bei zufälligen Begegnungen beim Einkaufen in Wahlstedt blieben die ehrenamtlichen Helfer mit den Mitarbeiter*innen im Paul-Gerhardt-Haus in Kontakt. „Es wurde ganz deutlich spürbar, wie man die Menschen vermisst hat“, sagt Regina Weiß, Mitarbeiterin in der Sozialen Betreuung.
Ehrenamtliches Engagement im Altenpflegeheim: Eine gute Entscheidung
Nach vierzehn langen Monaten konnten Mitte Mai 2021 die ersten Ehrenamtlichen ins Paul-Gerhardt-Haus zurückkehren - darunter auch Brigitte Schröder. Die Wahlstedterin engagiert sich in der individuellen Betreuung von einzelnen Bewohner*innen. Nach dem Tod ihres Mannes vor zwölf Jahren suchte Schröder nach einer sinnstiftenden Beschäftigung und nach einem Betätigungsfeld, in dem Hilfe benötigt wird. „Ich wusste zuerst nicht was auf mich zukommt“, erinnert sich Brigitte Schröder. Doch sie wurde im Paul-Gerhardt-Haus herzlich empfangen und verbringt seitdem regelmäßig freie Nachmittage im Altenpflegeheim: „Das war eine gute Entscheidung“, resümiert sie. Und weil mittlerweile eine Freundin und eine Nachbarin im Paul-Gerhardt-Haus wohnen, hat Schröder gute Gründe, noch öfters zu kommen. Sie hilft neben der Einzelbetreuung auch bei Veranstaltungen wie dem Bingo-Spielen im Speisesaal.
"Wir begleiten die Menschen, manchmal bis zum Tod."
Die Mitarbeiter*innen des Paul-Gerhardt-Hauses hoffen, alle Ehrenamtlichen bald wieder persönlich zu treffen. Bislang ist noch eine gewisse Verunsicherung zu spüren, weil noch nicht alle ehrenamtlichen Helfer*innen zweimal geimpft wurden. Viele haben aber versprochen: „Nach der Impfung bin ich wieder da.“ Auch für Barbara Gröger war es selbstverständlich, ihr ehrenamtliches Engagement fortzusetzen: „Es entstehen persönliche Bindungen, manchmal entstehen auch Freundschaften und wir begleiten die Menschen, manchmal bis zum Tod.“ Dies ist auch für die ehrenamtlichen Helfer*innen wie Barbara Gröger nicht einfach - doch sie erleben viele wertvolle Momente: „Wenn Menschen, die kaum reden, sich plötzlich umdrehen und lächeln oder sich bedanken, dafür lohnt sich jede Minute, die wir den Bewohner*innen schenken“. Auch Brigitte Schröder betont: „Wenn ich nach Hause gehe, egal wie anstrengend es ist, bin ich mit mir zufrieden.“
Neben den Ehrenamtlichen und den Mitarbeiter*innen betont auch die Einrichtungsleitung die besondere Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements: „Durch das Engagement vieler Ehrenamtlichen steigt die Lebensqualität der Bewohner*innen“, sagt Stephan Kühn, der neben dem Paul-Gerhardt-Haus in Wahlstedt derzeit auch kommissarisch das Propst-Riewerts-Haus in Neumünster leitet: „Nur zusammen schaffen wir es, die Vielfalt der Angebote aufrechtzuerhalten.“ Dies bestätigt auch Sören Kühn, Assistent der Einrichtungsleitung in Wahlstedt: „Auch ich merke zunehmend, welche große Stütze diese Menschen für uns sind. Manchmal öffnen sie uns auch die Augen für Dinge, die im Alltag vielleicht verloren gehen können.“ Als Bindeglied zwischen den Bewohnern und den Mitarbeitern setzten sich die Ehremamtler*innen nach Beobachtung von Sören Kühn stets für die Interessen und Bedürfnisse aller Bewohner ein und scheuen auch nicht, Dinge anzusprechen: „Ich bin zutiefst dankbar für dieses große Engagement und wünsche mir, dass nicht nochmal eine Pandemie die großartige Arbeit unterbrechen wird“, betont Sören Kühn.
Die beiden Mitarbeiter des Landesvereins in der Einrichtungsleitung des Paul-Gerhardt-Hauses hoffen zudem, künftig noch weitere Ehrenamtliche zu gewinnen - denn nach den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie lautet ihr Motto: „Jetzt erst recht!“