Es darf wieder geschnippelt werden

(12.03.2021) Nach wochenlanger Schließung hieß es für die Bewohner*innen des Paul-Gerhardt-Hauses in Wahlstedt im März 2021 endlich wieder: Waschen, Schneiden, Föhnen. Die haarigen Zeiten, die sie in den letzten zehn Wochen des Lockdowns erlebt haben, sind endlich vorbei.

„Ich fühle mich wie neu“, freut sich die 89-jährige Lisa Frieda Kunkat aus dem Obergeschoss.  Normalerweise geht sie alle 14 Tage zum Friseur und lässt sich von Friseurmeisterin Andrea Vossbeck frisurentechnisch verwöhnen. Sie freut sich, dass es einen Salon direkt im Haus gibt und sie nicht jedes Mal in die Stadt gehen muss. „Ich habe es wirklich vermisst, zu Frau Vossbeck zu gehen. Sie kümmert sich immer sehr gut um meine Haare und es ist immer schön, sich mit ihr zu unterhalten. Die netten Gespräche habe ich mindestens genauso sehr vermisst wie das Frisieren“, erzählte die Bewohnerin.

Dies kann Waltraut Harder, die seit etwa anderthalb Jahren im Paul-Gerhardt-Haus wohnt, nur bestätigen. Auch sie hat dem Tag der erneuten Öffnung entgegengefiebert. „Ich gehe zwar nur alle vier bis fünf Wochen in den Salon, aber nun wurde es auch bei mir wieder dringend Zeit“, so die Bewohnerin.
 
Der Andrang im Salon ist groß. Normalerweise ist er immer donnerstags in der Zeit von 8 bis 16 Uhr und freitags von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Um aber dem großen Bedarf nach frisch geschnittenen Haaren nachkommen zu können, hat die Friseurmeisterin gleich den ersten Montag nach Öffnung als zusätzlichen Tag für Termine angeboten.

Mit flinker Schere, Kamm und Fön brachte sie die Frisuren der Bewohner*innen in Ordnung. Lücken im Terminplan gab es nicht. „So richtige Termine machen wir eigentlich nicht. Wir gucken immer: Wem geht es gut? Und: Wer möchte gerne zum Friseur? Wer hat Geburtstag? Oder wer hat etwas anderes Schönes vor?“, erläutert die Friseurin. „Einige Bewohner*innen haben nach der Zwangspause ordentlich Haare gelassen, das ist aber kein Wunder nach so langer Zeit“, sagt Andrea Vossbeck mit einem Augenzwinkern. „Eine Bewohnerin wollte gleich ihre Haare spenden, aber dafür waren sie dann doch noch nicht lang genug.“
 
Die Freude darüber, wieder öffnen zu dürfen, ist auf beiden Seiten groß. Auch Andrea Vossbeck freut sich, endlich wieder arbeiten und für die Bewohner*innen da sein zu können. „Wir sind hier wie eine große Familie“, beschreibt sie die Atmosphäre im Haus.

Auch sie hat die guten Kontakte zu den Bewohner*innen vermisst: „Im ersten Lockdown durften wir noch zu zweit im Salon arbeiten und auch zwei Bewohner*innen gleichzeitig frisieren. Jetzt darf ich nur noch alleine mit einer weiteren Person im Raum sein“, erläutert die Friseurin. „Aber ich freue mich über jedes Stückchen Normalität, dass wir zurückgewinnen können. Mal sehen, wie es weitergeht, vielleicht kann meine Kollegin Erika Pfirrmann auch bald wieder mitarbeiten. Gegen mehr Normalität hätte ich nichts einzuwenden.“