Teilhabe auf der Tribüne

(16.07.2021) Fünf Beschäftigte und leidenschaftliche Holstein-Kiel-Fans aus dem Eiderheim haben uns Auskunft gegeben, warum sie sich so für ihren Fußballclub begeistern. Bei Heim- wie Auswärtsspielen genießen sie es, in der Menge anderer Fans den Spielzügen ihrer Spieler zu folgen, Tore zu bejubeln und Niederlagen tapfer wegzustecken.

Die EM im Fußball ist zu Ende, aber die Leidenschaft für Fußball geht weiter – jedenfalls für eine kleine Gruppe echter Fans des Kieler Zweitligisten Holstein Kiel, die sich alle schon auf den Beginn der neuen Saison Mitte August freuen. In Fan-Outfit haben uns fünf Beschäftigte vom Eiderheim in Flintbek, Wohn- und Werkstatt für Menschen mit Behinderungen, erzählt, warum sie ihren Verein so lieben. Zwei von ihnen reisen Fin Bartels und Co. sogar für Auswärtsspiele bis nach München nach, und das mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Echte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

Martin Krumm verfolgt die Begeisterung der fünf jungen Männer für ihren Verein mit Freude. „Sich für ein Hobby so einzusetzen, auf Dauerkarten zu sparen, zu Heimspielen zu gehen und ganz allein auch Reisen zu koordinieren, ist wirkliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und für mich ein Sinnbild für gelebte Inklusion“, sagt der Werkstattleiter vom Eiderheim, denn im Station verbinde alle Fans die Leidenschaft für ihren Club, Herkunft und Status seien egal. „In ihrer Identifizierung mit dem Kieler Fußballclub zeigen die Fünf ganz viel Begeisterung. Sie entwickeln ihre Persönlichkeit weiter und agieren eigenverantwortlich.“

Die fünf jungen Männer besuchen alle Heimspiele von Holstein Kiel und erinnern sich noch gut an das legendäre Spiel gegen Bayern München mit dem spannenden Elfmeterschießen im Januar dieses Jahres, das coronabedingt im Kieler Stadion vor leeren Rängen, dafür aber im Schneeregen stattgefunden hat. „Da haben wir Kieler mal gezeigt, wer den Bayern die Lederhosen auszieht“, lacht Marc-Oliver Kock, der im Versand und Verkauf im Eiderheim beschäftigt ist. „Ich wohne in Kiel – da ist man einfach Holstein-Fan“, antwortet er auf die Frage, warum es denn unbedingt dieser Club sein müsse.

Seit seinem ersten Heimspiel 2005 verfolgt er Auf- wie Abstiege seiner Mannschaft und reist seit einiger Zeit mit Patrick Fox, der im Garten- und Landschaftsbau des Eiderheims arbeitet, zu allen Auswärtsspielen. „Wir fahren hin und sofort nach dem Spiel zurück, ohne Übernachtung“, sagt er. „Einmal sind wir sogar mit der Regionalbahn gefahren, das hat vielleicht lange gedauert.“ Üblicherweise fahren die beiden Flixbus. Nach solchen Reisen sind beide Männer mächtig gerädert, aber der persönliche Einsatz und der fehlende Schlaf lohnen sich für die Stunden voller Emotionen im Stadion.

Die Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt im Blick

Lukas Büning befindet sich in der Schule am Eiderwald, Flintbek, seit einem Jahr unterstützt er den Hausmeister dort. Lukas Büning ist Teilnehmer der Beruflichen Bildung, die er auf diesem Arbeitsplatz durchläuft. Er mäht den Rasen und erledigt kleine Reparaturen. Gern möchte er nach der Beruflichen Bildung auf einen ausgelagerten Arbeitsplatz dorthin wechseln, der vielleicht eines Tages, wenn Lukas noch mehr persönliches Standing und Selbstständigkeit im Arbeiten gewonnen hat, in eine Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt mündet. Damit wäre er dann komplett selbstverantwortlich und hätte über den Weg der Werkstatt sein Ziel erreicht.

Bis dahin steht ihm die Integration des Eiderheims zur Seite und regelt alles Vertragliche zwischen ihm und dem Praktikumsgeber, der Schule. Der Zwanzigjährige hat das ganz große Glück, seinen Lieblingsspieler Fin Bartels schon persönlich kennengelernt zu haben, denn Bartels Kind geht auf die Schule am Eiderwald. Lukas strahlt, als er von der Begegnung mit Bartels erzählt. „Der ist ganz nett und hat mir auch ein Autogramm gegeben“, sagt er.

Am besten ist immer ein Nordderby! 

Maik Muth ist vor vier Jahren mit seinem Bruder nach Düsseldorf zum Auswärtsspiel gefahren und hat dort auch übernachtet. Er berichtet, wie sehr sich die heimischen Fans über die Kieler Schlachtenbummler gefreut haben, sowohl im Stadion wie auch in der Stadt: „Die haben immer gewunken und uns die Hand gegeben! So von Fan zu Fan.“ Maik spielt selbst auch Fußball und freut sich darauf, wenn das Training, das wegen Corona lange aussetzen musste, wieder beginnen kann. Er hat auch in den Segeberger Wohn- und Werkstätten in Wahlstedt, die ebenfalls vom Landesverein betrieben werden, und in der Werkstatt Drachensee bei Kiel gearbeitet. Jetzt ist er seit einem Jahr wieder im Eiderheim zurück. Er arbeitet in der Holzwerkstatt und fühlt sich hier sehr wohl.

Auf die Frage, was ihnen denn sind die liebsten Spiele sind, sagen alle fünf einmütig: „Am besten ist immer ein Nordderby! Wenn wir gegen Hamburg spielen, Bremen, Hannover oder Rostock!“, und Patrick Fox ergänzt: „Ich finde die Spiele gegen St. Pauli am besten.“ Echte norddeutsche Jungs und auch echte Nordfans, die in ihrer Leidenschaft für Fußball und ihren Heimatverein eine Identität gefunden haben – und im Eiderheim einen verlässlichen Partner, der sie bei ihrer persönlichen Entwicklung unterstützt.