Theologischer Vorstand zu Corona-Situation: Balance zwischen Versorgungsauftrag und Schutzauftrag

(29.10.2021) Pastor Andreas Kalkowski erklärt im Interview, welche Fortschritte bei der Impfkampagne im Landesverein zu verzeichnen sind und wie der Landesverein mit den steigenden Corona-Fallzahlen umgeht.

Wie viele Mitarbeiter haben sich im Landesverein bislang impfen lassen?

Aktuell liegt die Impfquote bei den Mitarbeiter*innen bei rund 80 Prozent, also deutlich höher als im Durchschnitt der Bevölkerung in Schleswig-Holstein und im Bund. Die Impfquote der Mitarbeiter*innen in den Altenheimen liegt etwas höher.

Welche Vorbehalte gibt es bei den Mitarbeiter*innen, die bislang noch keine Impfung in Anspruch genommen haben?

Der Großteil der Mitarbeiter*innen ist sensibilisiert und möchte sich und andere schützen. Die meisten Kollegen haben sich früh impfen lassen und ein großes Interesse an einer dritten Impfung.

Ein kleiner Teil der Mitarbeitendenschaft ist noch unentschlossen. Es bestehen vielfältige Ängste, denen man mit sachlichen Argumenten begegnen kann. Es sind allgemeine Ängste vor dem Pieksen der Spritze, aber auch konkrete Sorgen rund um die Wirkung der Impfung, beispielsweise wegen bestehender Grunderkrankungen.

Und es gibt einzelne Kolleg*innen, die bis heute die Impfung kategorisch ablehnen.

Welche Möglichkeiten gibt es aus Ihrer Sicht, die Impfquote unter den Mitarbeiter*innen weiter zu erhöhen?

Wir tun alles Mögliche, um die Ängste zu identifizieren und die Kolleg*innen zu überzeugen - mit Aufklärung und Werbung und vor allem mit individuellen Gesprächen. Die Mitglieder unseres Hygienestabs kommen aber vereinzelt auch an ihre Grenzen, diejenigen zu überzeugen, die sich nicht belehren lassen wollen und nichts glauben.

Wir haben bereits vor einem Jahr eine interne Werbekampagne ins Leben gerufen, bei der sich über 40 Mitarbeiter*innen aus allen Bereichen des Landesvereins auf einer Fotocollage gezeigt haben und öffentlich bekannt haben: "Ich lasse mich impfen." Dies hat einen großen Mitzieheffekt gebracht, weil die Kolleg*innen darüber ins Gespräch gekommen sind.

Sehr hilfreich für die Motivation des Personals war und ist, dass wir es allen Mitarbeiter*innen ermöglichen, sich in unserem Labor den Impftiter bestimmen zu lassen. Der Impferfolg war damit für jeden sofort erkennbar.  Da der Impfschutz bekanntermaßen mit der Zeit nachlässt, war dann auch das Interesse an einer Auffrischimpfung entsprechend sehr hoch.

Welche Maßnahmen trifft der Landesverein, um Mitarbeiter*innen und Besucher zu schützen? 

Wir stehen ständig vor der Herausforderung, eine Balance zwischen unserem Versorgungsauftrag und unserem Schutzauftrag zu halten. Neben der 3G-Regel gelten alle gängigen Hygieneregeln auch weiterhin. Zudem haben wir die sicherheitsrelevanten Regeln für unsere Mitarbeiter*innen in einer verbindlichen Dienstvereinbarung zusammengefasst.

Wie stehen Sie zu einer Impfpflicht für Mitarbeiter in sensiblen Berufen?

Es wäre natürlich wünschenswert, eine größtmögliche Impfquote ohne Zwang zu erreichen und diejenigen zu überzeugen, die derzeit noch zögern. Wir dürfen aber nicht vergessen: Wir arbeiten in einem sensiblen Umfeld mit vulnerablen Gruppen.

Als Institution vertreten wir den Standpunkt, dass alle Mitarbeitenden eine besondere ethische Verantwortung gegenüber den Menschen haben, die sich uns anvertraut haben. Wir werden als Träger keine Impfflicht vorgeben, schließen aber nicht aus, dass es eine solche gesetzliche Vorgabe künftig geben könnte.

Das oberste Ziel besteht darin, Ausbrüche in Altenpflegeheimen, Werkstätten oder Kliniken zu vermeiden sowie die Folgen zu lindern. Die Alternative wäre, dass Kolleg*innen, die sich nicht impfen lassen wollen, in anderen Bereichen eingesetzt werden müssen. Dies ist aber nicht immer möglich und belastet die Organisation zusätzlich.

Welche Fortschritte gibt es bei den Drittimpfungen für die Bewohner?

Die Drittimpfungen für Bewohner*innen sind bereits weit fortgeschritten. In der Reha und Pflege sowie dem Bereich "Wohnen und Fördern" des Psychiatrischen Zentrums sind die meisten Bewohner bereits zum dritten Mal geimpft, in den Altenheimen ist der Fortschritt abhängig vom örtlichen Hausarzt. Die Mitarbeitenden des Psychiatrischen Zentrums in Rickling haben Mitte November die Gelegenheit, eine dritte Impfung zu beziehen. Das Interesse daran ist äußerst groß mit bereits über 600 Anmeldungen.

Welche Lehren ziehen Sie aus den jüngsten Corona-Ausbrüchen in Altenpflegeheimen?

Wir beobachten die Lage seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 ständig und sehen daher immer einen Anlass, unsere Maßnahmen zu überdenken und zu verändern und etwas aus der Situation zu lernen. Nach den Lehren des ersten Lockdowns mit kompletten Besuchsverboten hat die Besuchsmöglichkeit für Angehörige eine hohe Priorität für uns.

Mit unseren Maßnahmen können wir die Besuchsmöglichkeit mit möglichst wenigen Einschränkungen zulassen. Es ist auch weiterhin unser Ziel, Besuche in den Einrichtungen zu ermöglichen und gleichzeitig Bewohner*innen, Angehörige und Mitarbeitende vor einer Ansteckung mit dem Virus zu bewahren.

Wir würden aber bei einer Häufung von Corona-Fällen sofort konkrete Maßnahmen vor Ort umsetzen - dazu gehört beispielsweise, dass Besucher die Gemeinschaftsbereiche nicht mehr betreten dürfen und Treffen mit ihren Angehörigen nur im Bewohnerzimmer möglich sind.